Zusammensetzung
Wirkstoff: Natalizumab, gentechnologisch in NS/0 Mauszellen hergestellt.
Hilfsstoffe: Natriumdihydrogenphosphat (Monohydrat), Dinatriumhydrogenphosphat (Heptahydrat), Natriumchlorid, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke.
Galenische Form und Wirkstoffmenge pro Einheit
Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung.
Ein ml Konzentrat enthält 20 mg Natalizumab.
Nach Verdünnung (siehe unter «Sonstige Hinweise») enthält die Infusionslösung 3 mg/ml Natalizumab.
Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten
Bei der Indikationsstellung bzw. vor Therapiebeginn ist das PML-Risiko (PML = progressive multifokale Leukoenzephalopathie) zu berücksichtigen (siehe unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Tysabri ist für die krankheitsmodifizierende Monotherapie von hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose (MS) bei folgenden Patientengruppen indiziert:
-
Patienten mit hoher Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit einem Interferon beta, definiert als Patienten, die nicht auf einen vollständigen und angemessenen (normalerweise mindestens ein Jahr dauernden) Zyklus einer Interferon-beta Therapie angesprochen haben. Bei den Patienten sollte es während der Therapie im vorangegangenen Jahr zu mindestens einem Schub gekommen sein und sie sollten mindestens 9 T2-hyperintense Läsionen in der kranialen MRT oder mindestens 1 Gadolinium anreichernde Läsion aufweisen. Ein Patient, der nicht «angesprochen» hat, kann auch als ein Patient mit einer im Vergleich zum Vorjahr unveränderten oder vermehrten Schubrate oder anhaltend schweren Schüben definiert werden.
oder
-
Patienten mit rasch fortschreitender schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose, definiert durch 2 oder mehr Schübe mit Behinderungscharakter in einem Jahr, und mit 1 oder mehr Gadolinium anreichernden Läsionen in der MRT des Gehirns oder mit einer signifikanten Erhöhung der T2-Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten MRT.
Dosierung/Anwendung
Die Therapie mit Tysabri muss von – in der Diagnosestellung und Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen – Spezialisten (Fachärzten) in Zentren mit raschem Zugang zu MRT (Magnetresonanztomographie) eingeleitet und kontinuierlich überwacht werden. Es müssen Möglichkeiten zur Behandlung von Überempfindlichkeitsreaktionen zur Verfügung stehen.
Patienten sind in einem für Tysabri vorgesehenen Monitoringprogramm aufzunehmen.
Patienten, die mit Tysabri behandelt werden, muss der Patientenpass ausgehändigt werden und sie müssen über die mit Tysabri verbundenen Risiken aufgeklärt werden. Nach zweijähriger Behandlung sollten die Patienten erneut über die mit Tysabri verbundenen Risiken, insbesondere über das erhöhte Risiko für eine PML, aufgeklärt und gemeinsam mit ihren Pflegepersonen über frühe Zeichen und Symptome einer PML instruiert werden.
Die Patienten können direkt von Interferon beta oder Glatirameracetat auf Natalizumab umgestellt werden, sofern keine Anzeichen relevanter behandlungsbedingter Auffälligkeiten, wie z.B. eine Neutropenie vorliegen. Anzeichen behandlungsbedingter Auffälligkeiten müssen sich wieder normalisiert haben, bevor die Behandlung mit Natalizumab begonnen werden kann.
Manche Patienten haben möglicherweise zuvor Immunsuppressiva (z.B. Mitoxantron, Cyclophosphamid, Azathioprin) erhalten. Diese Wirkstoffe können zu einer anhaltenden Immunsuppression führen, auch wenn ihre Gabe bereits beendet wurde. Der Arzt muss sich daher vor Einleitung der Therapie mit Tysabri vergewissern, dass diese Patienten nicht mehr immungeschwächt sind (siehe unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Bei Patienten, die nach 6-monatiger Behandlung noch keinerlei Hinweise auf einen Behandlungserfolg zeigen, ist die Fortsetzung der Therapie sorgfältig zu überdenken.
Aus kontrollierten Doppelblindstudien liegen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Natalizumab über einen Behandlungszeitraum von 2 Jahren vor. Eine Fortsetzung der Therapie über diesen Zeitraum hinaus sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn zuvor eine erneute Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen wurde.
Dosierung
Erwachsene
Tysabri 300 mg wird einmal alle 4 Wochen als intravenöse Infusion verabreicht.
Nach zweijähriger Behandlung müssen die Patienten erneut über Risikofaktoren für eine PML, wie die Dauer der Behandlung, die Anwendung von Immunsuppressiva vor der Behandlung mit Tysabri und das Vorhandensein von anti-JCV Antikörpern aufgeklärt werden (siehe unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Ältere Menschen
Die Anwendung von Tysabri bei Patienten über 65 Jahre wird nicht empfohlen, da keine Daten über diese Patientengruppe vorliegen.
Pädiatrische Population
Tysabri ist nicht indiziert für die Anwendung bei Personen unter 18 Jahren (siehe unter «Kontraindikationen»).
Nieren- und Leberfunktionsstörungen
Es wurden keine Studien zum Einfluss von Nieren- oder Leberschädigung durchgeführt.
Der Eliminationsmechanismus und die Erkenntnisse aus der Populations-Pharmakokinetik lassen vermuten, dass eine Dosisanpassung bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörung nicht notwendig ist.
Verabreichungsweise
Für Anweisungen zur Verdünnung des Arzneimittels vor der Verabreichung, siehe unter «Sonstige Hinweise».
Nach der Verdünnung (siehe unter «Sonstige Hinweise») muss die Infusion über 1 Stunde mit einer Infusionsgeschwindigkeit von circa 2 ml/Minute verabreicht werden. Die Patienten sind während der Infusion und 1 Stunde nach Beendigung der Infusion auf Anzeichen und Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion hin zu beobachten.
Tysabri darf nicht als Bolus-Injektion verabreicht werden.
Wiederholte Verabreichung
Siehe unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe gemäss Zusammensetzung.
Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML).
Patienten mit einem erhöhten Risiko für opportunistische Infektionen, wie immungeschwächte Patienten (einschliesslich solcher Patienten, die aktuell eine immunsuppressive Behandlung erhalten oder durch frühere Therapien, z.B. Mitoxantron oder Cyclophosphamid, immungeschwächt sind [siehe auch unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Unerwünschte Wirkungen»]).
Kombination mit Interferon beta oder Glatirameracetat.
Bekannte aktive Malignome mit Ausnahme von Patienten mit einem Basaliom.
Personen unter 18 Jahren.
Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen
Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML)
Die Anwendung von Tysabri wurde mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer PML in Zusammenhang gebracht, einer opportunistischen Infektion unter Beteiligung des JC-Virus, die tödlich verlaufen oder zu schwerer Behinderung führen kann. Aufgrund des erhöhten Risikos für die Entwicklung einer PML sollten die Nutzen und Risiken einer Behandlung mit Tysabri in jedem Einzelfall erneut durch den Facharzt und den Patienten abgewogen werden. Patienten müssen gemeinsam mit ihren Pflegepersonen über frühe Zeichen und Symptome einer PML instruiert werden.
Die folgenden Risikofaktoren werden mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer PML in Zusammenhang gebracht.
-
Vorhandensein von anti-JCV Antikörpern.
-
Behandlungsdauer, insbesondere länger als zwei Jahre. Da für Patienten mit einer mehr als vierjährigen Behandlungsdauer mit Tysabri nur begrenzte Erfahrungen vorliegen, kann das Risiko einer PML bei diesen Patienten derzeit nicht abgeschätzt werden.
-
Behandlung mit einem Immunsuppressivum vor der Therapie mit Tysabri.
Der anti-JCV Antikörper-Status lässt bei Patienten unter der Therapie mit Tysabri Rückschlüsse auf unterschiedliche Risikoniveaus betreffend einer PML zu. Patienten mit positivem Nachweis von anti-JCV Antikörpern haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PML verglichen mit Patienten mit negativem Nachweis von anti-JCV Antikörpern. Patienten, bei denen alle drei Risikofaktoren für eine PML vorliegen (d.h. bei denen anti-JCV Antikörper nachgewiesen wurden und die über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren mit Tysabri behandelt worden sind und eine vorausgegangene immunsuppressive Therapie erhalten haben), tragen ein signifikant höheres Risiko für eine PML. Bei Patienten mit allen drei Risikofaktoren sollte die Behandlung mit Tysabri nur dann fortgesetzt werden, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt.
Es wird empfohlen, bei Patienten vor Beginn einer Therapie mit Tysabri oder bei Patienten, die bereits Tysabri erhalten, bei denen jedoch der Antikörperstatus nicht bekannt ist, eine entsprechende Untersuchung durchzuführen. Aufgrund einer neuen JCV-Infektion, einem schwankenden Antikörperstatus oder einem falsch-negativen Testergebnis können jedoch auch anti-JCV Antikörper-negative Patienten ein Risiko für eine PML tragen. Die Untersuchung sollte ausschliesslich mit einem anti-JCV Antikörper-Assay, der bei Patienten mit MS analytisch validiert wurde, wie dem STRATIFY JCV® oder dem STRATIFY JCV® DxSelectTM Assay, durchgeführt werden. Eine Wiederholung der Untersuchung alle 6 Monate bei Patienten mit negativem Nachweis von anti-JCV Antikörpern wird ebenfalls empfohlen.
Der anti-JCV Antikörper-Assay (ELISA) ist jedoch nicht für die Diagnose einer PML geeignet. Die Untersuchung auf anti-JCV Antikörper sollte während und mindestens 2 Wochen nach einem Plasmaaustausch aufgrund der Entfernung von Antikörpern aus dem Serum nicht durchgeführt werden.
Vor Beginn der Behandlung mit Tysabri sollte eine aktuelle Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahme als Referenzaufnahme vorliegen (gewöhnlich nicht älter als 3 Monate) und auf Routinebasis jährlich wiederholt werden, um diese Referenz zu aktualisieren. Die Patienten müssen durchgehend in regelmässigen Abständen kontrolliert werden. Nach zwei Jahren müssen alle Patienten erneut über das mit Tysabri verbundene Risiko für eine PML aufgeklärt werden.
Für den Fall, dass eine PML vermutet wird, muss die Gabe von Tysabri solange ausgesetzt werden, bis eine PML ausgeschlossen werden kann.
Der behandelnde Arzt sollte den Patienten untersuchen, um entscheiden zu können, ob die Symptome auf eine neurologische Dysfunktion hindeuten, und falls ja, ob diese Symptome typisch für die MS sind oder möglicherweise auf eine PML hindeuten. Wenn irgendwelche Zweifel bestehen, sind weitergehende Untersuchungen einschliesslich einer MRT-Untersuchung, vorzugsweise mit Kontrastmittel (zum Abgleich mit dem MRT-Befund, der vor Behandlungsbeginn erhoben wurde), Liquortests auf DNA des JC-Virus und wiederholte neurologische Kontrolluntersuchungen in Erwägung zu ziehen (siehe unter «Fachliche Unterstützung»). Sobald der behandelnde Arzt eine PML ausgeschlossen hat (gegebenenfalls durch Wiederholung der klinischen und bildgebenden Untersuchungen und/oder der Laboruntersuchungen, falls der klinische Verdacht bestehen bleibt), kann die Gabe von Natalizumab wieder aufgenommen werden.
Der Arzt sollte insbesondere auf Symptome achten, die auf eine PML hindeuten, die der Patient möglicherweise nicht bemerkt (z.B. kognitive oder psychiatrische Symptome). Ausserdem sollte den Patienten empfohlen werden, ihren Partner oder Pfleger über ihre Behandlung zu informieren, da diese Symptome feststellen könnten, die der Patient nicht bemerkt.
PML ist nach Absetzen von Tysabri bei Patienten aufgetreten, die zum Zeitpunkt der Beendigung der Behandlung keine Anzeichen einer möglichen PML aufwiesen. Patienten und Ärzte müssen daher auch nach Beendigung der Behandlung mit Tysabri etwa sechs Monate lang auf alle neuen Anzeichen oder Symptome einer möglichen PML achten.
Entwickelt ein Patient eine PML, muss die Gabe von Tysabri dauerhaft abgesetzt werden.
Nach Wiederherstellung der Immunabwehr bei immungeschwächten Patienten mit PML wurde ein besserer Behandlungserfolg beobachtet.
PML und IRIS (Immune Reconstitution Inflammatory Syndrome)
Ein IRIS tritt bei fast allen Patienten, die unter Tysabri eine PML entwickelt haben, nach Absetzen oder Entfernung von Tysabri, z.B. durch Plasmaaustausch (siehe unter «Pharmakokinetik»), auf. Es wird angenommen, dass das IRIS eine Folge der Wiederherstellung der Immunfunktion bei Patienten mit PML ist. Das IRIS kann zu schwerwiegenden neurologischen Komplikationen führen und tödlich verlaufen. Es sollten sowohl eine Überwachung hinsichtlich der Entwicklung eines IRIS, das bei mit Tysabri behandelten Patienten mit PML innerhalb Tagen bis einigen Wochen nach einem Plasmaaustausch aufgetreten ist, als auch eine angemessene Behandlung der damit verbundenen Entzündung während der Erholung von einer PML erfolgen.
Sonstige opportunistische Infektionen
Unter der Anwendung von Tysabri wurde über sonstige opportunistische Infektionen berichtet, vorwiegend bei Patienten mit Morbus Crohn (nicht zugelassene Indikation), bei Patienten, die immungeschwächt waren oder bei denen eine relevante Komorbidität vorlag. Jedoch kann ein erhöhtes Risiko für sonstige opportunistische Infektionen unter der Anwendung von Tysabri bei Patienten ohne diese Komorbiditäten derzeit nicht ausgeschlossen werden. Opportunistische Infektionen wurden auch bei MS-Patienten festgestellt, die mit Tysabri als Monotherapie behandelt wurden (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»).
Der verschreibende Arzt sollte sich über die Möglichkeit von sonstigen opportunistischen Infektionen während der Tysabri-Therapie bewusst sein und diese in die Differentialdiagnose von Infektionen, die bei einem mit Tysabri behandelten Patienten auftreten, mit einbeziehen. Wenn eine opportunistische Infektion vermutet wird, muss die Gabe von Tysabri so lange ausgesetzt werden, bis diese durch weitere Untersuchungen ausgeschlossen werden kann.
Ausser über das Risiko der Reaktivierung von JC-Polyoma-Virus liegen keine Daten über die Reaktivierung anderer latenter Virusinfektionen (Hepatitis B oder C) vor.
Wenn ein mit Tysabri behandelter Patient eine opportunistische Infektion entwickelt, muss die Gabe von Tysabri dauerhaft abgesetzt werden.
Fachliche Unterstützung
Der Arzt muss Nutzen und Risiken der Tysabri-Therapie mit dem Patienten besprechen und ihm die Patienteninformation sowie den Patientenpass aushändigen. Die Patienten sollten angewiesen werden, ihren Arzt darüber zu informieren, dass sie mit Tysabri behandelt werden, sollte es bei ihnen zu einer Infektion kommen.
Ärzte sollten die Patienten über die Wichtigkeit einer kontinuierlichen Verabreichung von Tysabri insbesondere in den Anfangsmonaten der Behandlung beraten (siehe auch unter «Überempfindlichkeit»).
Überempfindlichkeit
Mit Tysabri wurden Überempfindlichkeitsreaktionen assoziiert, einschliesslich schwerer systemischer Reaktionen (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»). Diese Reaktionen traten gewöhnlich während der Infusion oder bis zu 1 Stunde nach Infusionsende auf. Das Risiko einer Überempfindlichkeit war bei den ersten Infusionen am grössten. Patienten, die nach einer kurzzeitigen Exposition (eine oder zwei Infusionen) und einer längeren Zeitdauer ohne Behandlung (drei Monate oder länger) wieder mit Tysabri in Kontakt gebracht wurden, zeigten ebenfalls ein erhöhtes Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktion. Dennoch sollte bei jeder verabreichten Infusion das Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktion in Betracht gezogen werden.
Patienten sind während der Infusion und noch 1 Stunde nach dem Infusionsende zu beobachten (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»). Für das Management von Überempfindlichkeitsreaktionen sollten entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen.
Vor jeder Infusion muss bestimmt werden, ob die letzte Infusion zu unerwünschten Symptomen geführt hat, die möglicherweise auf eine allergische/Überempfindlichkeitsreaktion hinweisen, wie zum Beispiel Brustschmerzen oder –beschwerden, Atemnot, signifikante Veränderungen des Blutdrucks, Angioödem, Hautreaktionen und/oder Pruritus.
Bei den ersten Anzeichen oder Symptomen einer Überempfindlichkeit muss die Gabe von Tysabri beendet und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.
Patienten mit einer Überempfindlichkeitsreaktion müssen dauerhaft von einer Behandlung mit Tysabri ausgeschlossen werden.
Begleitende oder frühere Behandlung mit Immunsuppressiva
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Tysabri in Kombination mit anderen Immunsuppressiva und antineoplastischen Therapien sind nicht ausreichend belegt. Die begleitende Anwendung dieser Substanzen neben Tysabri kann das Risiko für Infektionen, auch für opportunistische Infektionen, erhöhen und stellt daher eine Kontraindikation dar (siehe unter «Kontraindikationen»).
Patienten, die bereits mit Immunsuppressiva behandelt wurden, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PML. Bei diesen Patienten muss dafür gesorgt werden, dass dem Immunsystem ausreichend Zeit gegeben wird, um sich wieder zu erholen. Der behandelnde Arzt muss jeweils im Einzelfall beurteilen, ob Hinweise auf einen immungeschwächten Status vorliegen, bevor er mit der Gabe von Tysabri beginnt (siehe unter «Kontraindikationen»).
In klinischen MS-Studien der Phase 3 war die begleitende kurzdauernde Behandlung von Schüben mit Kortikosteroiden nicht mit einer erhöhten Infektionsrate verbunden. Kurzzeitige Kortikoidsteroidgaben können zusammen mit Tysabri verabreicht werden.
Impfungen und in vivo-Hauttests
In einer randomisierten open-label Immunisierungsstudie bei Patienten mit schubförmiger MS zeigte sich beim Vergleich von Patienten einer unbehandelten Kontrollgruppe (n= 23) mit Patienten, die während 6 Monaten mit Tysabri behandelt wurden (n= 19), kein signifikanter Unterschied in der Verdoppelung der Antikörperspiegel gegen ein Neoantigen (Keyhole-Limpet-Hämocyanin) oder ein Recall-Antigen (Tetanustoxoid). Die Mittelwerte der jeweiligen Antikörperspiegel waren unter Tysabri jedoch deutlich niedriger als unter der Kontrollgruppe. Ein Patient unter Tysabri war non-Responder gegen Tetanustoxoid, zwei Patienten unter Tysabri waren non-Responder gegen KLH. Lebendvakzine wurden nicht untersucht.
Über die Aussagekraft diagnostischer Hauttests (z.B. mit Tuberkulin) während und nach der Behandlung mit Tysabri ist nichts bekannt.
Immunogenität
Eine Verschlechterung der Erkrankung oder infusionsbedingte Ereignisse können auf die Bildung von Antikörpern gegen Natalizumab hindeuten. In diesen Fällen und bei Patienten mit einer kurzzeitigen Exposition gegenüber Tysabri und einer folgenden längeren Zeitdauer ohne Behandlung sollte das Vorhandensein von Antikörpern untersucht werden. Die Behandlung sollte abgesetzt oder nicht wieder aufgenommen werden, falls diese in einem Bestätigungstest nach 6 Wochen positiv bleiben, da persistierende Antikörper mit einer verminderten Wirksamkeit von Tysabri und einer erhöhten Häufigkeit von Überempfindlichkeitsreaktionen einhergehen (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»).
Unerwünschte hepatische Ereignisse
Nach der Markteinführung wurde selten von spontanen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen einer Leberschädigung berichtet.
Die Leberschäden können zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Behandlung auftreten, selbst nach der ersten Dosis. In einigen Fällen trat die Reaktion nach Wiederaufnahme der Behandlung mit Tysabri erneut auf. Bei einigen Patienten mit pathologischem Lebertest in der Anamnese kam es unter Behandlung mit Tysabri zur Verschlechterung des pathologischen Lebertests.
Patienten sollten hinsichtlich einer eingeschränkten Leberfunktion überwacht und instruiert werden, ihren Arzt zu kontaktieren, falls Anzeichen oder Symptome auftreten, die auf eine Leberschädigung hindeuten, z.B. Gelbsucht oder Erbrechen.
Beim Vorliegen einer signifikanten Leberschädigung sollte Tysabri abgesetzt werden.
Beendigung der Tysabri-Therapie
Wenn entschieden wird, die Behandlung mit Natalizumab zu beenden, muss sich der behandelnde Arzt darüber im Klaren sein, dass Natalizumab entsprechend seiner Halbwertszeit von 16 ± 4 Tagen (siehe «Pharmakokinetik») noch im Blut vorhanden ist und bis zu etwa 12 Wochen nach der letztmaligen Gabe noch pharmakodynamische Wirkungen (z.B. eine erhöhte Lymphozytenzahl) zeigt. Die Einleitung anderer Therapien in dieser Zeit wird zwangsläufig mit einer begleitenden Exposition von Natalizumab verbunden sein. Bei Wirkstoffen wie Interferon und Glatirameracetat war eine begleitende Exposition über diesen Zeitraum in klinischen Studien nicht mit Sicherheitsrisiken assoziiert. Es liegen keine Informationen für MS-Patienten im Hinblick auf die begleitende Exposition gegenüber Immunsuppressiva vor. Der Einsatz dieser Arzneimittel kurz nach dem Absetzen von Natalizumab kann aber einen additiven immunsupprimierenden Effekt zur Folge haben. Dies sollte in jedem Einzelfall individuell abgewogen werden, gegebenenfalls könnte eine Washout-Phase von Natalizumab von 12 Wochen angebracht sein. Kurzzeitige Steroidgaben zur Behandlung von Schüben waren in klinischen Prüfungen nicht mit häufigeren Infektionen assoziiert.
Natriumgehalt in Tysabri
Tysabri enthält 2,3 mmol (oder 52 mg) Natrium pro Durchstechflasche Arzneimittel. Nach der Verdünnung mit 100 ml Natriumchloridlösung 9 mg/ml (0.9 %) enthält das Arzneimittel 17,7 mmol (oder 406 mg) Natrium pro Dosis. Dies ist von Patienten zu berücksichtigen, die eine salzarme Diät einhalten müssen.
Interaktionen
Siehe unter «Kontraindikationen».
Schwangerschaft/Stillzeit
Frauen im gebährfähigen Alter
Wenn eine Frau unter der Behandlung mit Natalizumab schwanger wird, sollte die Beendigung der Therapie mit Tysabri in Erwägung gezogen werden.
Schwangerschaft
Es liegen keine hinreichenden Daten für die Verwendung von Natalizumab bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe unter «Präklinische Daten»). Das potentielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Natalizumab darf nicht während der Schwangerschaft verwendet werden, es sei denn, der klinische Befund der Patientin macht eine Behandlung mit Tysabri erforderlich.
Stillzeit
Tysabri geht in die Muttermilch über. Die Wirkung von Natalizumab auf Neugeborene/Kleinkinder ist nicht bekannt. Das Stillen sollte daher während der Behandlung mit Tysabri beendet werden.
Fertilität
Angaben zur Fertilität siehe unter «Präklinische Daten».
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen
Mit Tysabri wurden keine Studien zu den Wirkungen auf die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt. Da jedoch Schwindel häufig berichtet wurde, sollte Patienten, bei denen diese unerwünschte Wirkung auftritt, empfohlen werden, bis zum Abklingen des Schwindels keine Fahrzeuge zu führen oder Maschinen zu bedienen.
Unerwünschte Wirkungen
In Placebo-kontrollierten Studien mit 1’617 MS-Patienten, die bis zu 2 Jahre mit Natalizumab behandelt wurden (Placebo: 1’135), traten zu einem Abbruch der Therapie führende unerwünschte Ereignisse bei 5,8% der mit Natalizumab behandelten Patienten auf (Placebo: 4,8%). Im Verlauf des 2-jährigen Studienzeitraums berichteten 43,5% der mit Natalizumab behandelten Patienten über Nebenwirkungen (Placebo: 39,6%)1.
Die höchste Inzidenz von Nebenwirkungen, die in Placebo-kontrollierten klinischen Prüfungen bei MS-Patienten unter der Anwendung von Natalizumab in der empfohlenen Dosierung beobachtet wurden, wird angegeben für Schwindel, Übelkeit, Urtikaria und Rigor im Zusammenhang mit den Infusionen.
Nebenwirkungen, die unter der Behandlung mit Natalizumab mit einer gegenüber der Placebo-Gruppe um 0,5% höheren Inzidenz berichtet wurden, sind im Folgenden aufgeführt.
Sehr häufig (≥1/10), häufig (≥1/100 bis <1/10), gelegentlich (≥1/1’000 bis <1/100), selten (≥1/10'000 bis <1/1’000).
Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die Nebenwirkungen nach abnehmendem Schweregrad angegeben.
Infektionen und Infestationen
Häufig: Harnwegsinfektionen, Nasopharyngitis.
Gelegentlich: Opportunistische Infektionen, PML, Herpes.
Störungen des Immunsystems
Häufig: Urtikaria.
Gelegentlich: Anaphylaktische/anaphylaktoide Reaktionen während der Infusion oder innerhalb der ersten Stunde nach Infusionsende.
Störungen des Nervensystems
Häufig: Kopfschmerzen, Schwindel.
Gastrointestinale Störungen
Häufig: Erbrechen, Übelkeit.
Störungen der Leber
Vereinzelt: Hyperbilirubinämie, Transaminasenerhöhung.
Muskelskelettsystem (Funktionsstörungen des Bewegungsapparates, des Bindegewebes und der Knochen)
Häufig: Gelenkschmerzen.
Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle
Häufig: Rigor, Fieber, Abgeschlagenheit.
Infusionsbedingte Reaktionen
Sehr häufig: Infusionsreaktionen (23.1%; Placebo: 18.7%) wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Urtikaria, Schüttelfrost, Flushing und Rigor.
Immunogenität
Häufig: Antikörper gegen Natalizumab bei 10%, davon persistierende anti-Natalizumab-Antikörper (ein positives Testergebnis, das mindestens 6 Wochen später in einem erneuten Test reproduzierbar sein muss) bei circa 6% der Patienten. Persistierende Antikörper sind mit einem erheblichen Rückgang der Wirksamkeit von Tysabri und einer erhöhten Inzidenz für Überempfindlichkeitsreaktionen assoziiert. Weitere infusionsbedingte Reaktionen im Zusammenhang mit persistierenden Antikörpern können Rigor, Übelkeit, Erbrechen und Flushing sein. Die Behandlung sollte bei Patienten, die persistierende Antikörper entwickeln, beendet werden.
Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung
Nach der Markteinführung wurde über Eosinophilie (Eosinophilenzahl >1'500/mm3) ohne klinische Symptome berichtet. Wenn in solchen Fällen die Behandlung mit Tysabri abgebrochen wurde, normalisierten sich die erhöhten Eosinophilenzahlen.
1 Unerwünschte Wirkungen, für die der Prüfarzt einen Zusammenhang mit der Therapie gesehen hat.
Überdosierung
Es wurden keine Fälle von Überdosierung berichtet.
Eigenschaften/Wirkungen
ATC-Code: L04AA23
Wirkungsmechanismus/Pharmakodynamik
Natalizumab ist ein selektiver Adhäsionsmolekül-Inhibitor und bindet an die α4-Untereinheit von humanen Integrinen, die in hohem Masse auf der Oberfläche aller Leukozyten mit Ausnahme der Neutrophilen exprimiert werden. Natalizumab bindet spezifisch an das α4β1-Integrin, wobei es die Wechselwirkung mit dessen Rezeptor, dem vaskulären Zelladhäsionsmolekül-1 (VCAM-1), dem Liganden Osteopontin oder einer alternativ gesplicten Domäne von Fibronektin, dem Connecting Segment-1 (CS-1), blockiert. Natalizumab blockiert die Wechselwirkung des α4β7-Integrins mit dem Adhäsionsmolekül MadCAM-1 (mucosal addressin cell adhesion molecule-1). Durch die Unterbindung dieser molekularen Interaktionen wird die transendotheliale Migration von mononukleären Leukozyten in entzündetes Parenchymgewebe verhindert. Ein weiterer Wirkungsmechanismus von Natalizumab liegt möglicherweise in der Unterdrückung von bestehenden Entzündungsreaktionen in erkrankten Geweben durch Hemmung der Wechselwirkung von α4-Integrin-exprimierenden Leukozyten mit ihren Liganden in der extrazellulären Matrix und auf den Parenchymzellen. So unterdrückt Natalizumab möglicherweise auch eine bestehende Entzündungsaktivität in erkrankten Bereichen und hemmt eine weitere Rekrutierung von Immunzellen in entzündete Gewebe.
Es wird angenommen, dass es bei der MS zu Läsionen kommt, wenn aktivierte T-Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke (BHS) passieren. Die Migration der Leukozyten durch die BHS beinhaltet eine Interaktion zwischen Adhäsionsmolekülen auf Entzündungszellen und Rezeptoren auf den Endothelzellen der Gefässwand. Die Interaktion zwischen α4β1 und seinen Zielzellen ist eine wichtige Komponente der pathologischen Entzündung im Gehirn und die Unterbindung dieser Wechselwirkungen führt zu einer Reduktion der Entzündung. Unter normalen Bedingungen wird VCAM-1 im Hirnparenchym nicht exprimiert. In Anwesenheit von pro-inflammatorischen Zytokinen wird VCAM-1 jedoch auf Endothelzellen und möglicherweise auch auf Gliazellen in der Nähe des Entzündungsgeschehens hochreguliert. Wenn bei der MS das Zentralnervensystem (ZNS) von dem Entzündungsgeschehen betroffen ist, vermittelt die Interaktion von α4β1 mit VCAM-1, CS-1 und Osteopontin die feste Adhäsion und transendotheliale Migration von Leukozyten in das Gehirnparenchym und kann möglicherweise die Entzündungskaskade in zentralnervösem Gewebe fortsetzen. Die Blockade der molekularen Interaktionen von α4β1 mit seinen Zielzellen reduziert die bei MS im Gehirn vorhandene Entzündungsaktivität und hemmt die weitere Rekrutierung von Immunzellen in entzündliches Gewebe, wodurch die Bildung oder Vergrösserung von MS-Läsionen eingeschränkt wird.
Klinische Wirksamkeit
Die Wirksamkeit als Monotherapie wurde in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie über 2 Jahre (AFFIRM-Studie) bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose untersucht, die im Jahr vor der Aufnahme in die Studie mindestens 1 klinischen Schub erlebt hatten und einen «Expanded Disability Status Scale» (EDSS)-Score nach Kurtzke zwischen 0 und 5 aufwiesen. Das mediane Alter lag bei 37 Jahren (von 18 bis 50 Jahren), wobei die mediane Krankheitsdauer 5 Jahre betrug. Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 zu den Behandlungsarmen mit Tysabri 300 mg (n= 627) bzw. Placebo (n= 315) alle 4 Wochen mit bis zu 30 Infusionen randomisiert. Neurologische Untersuchungen wurden alle 12 Wochen und bei Verdacht auf einen Schub durchgeführt. Magnetresonanztomographie (MRT)-Untersuchungen für T1-gewichtete Gadolinium (Gd)-anreichernde Läsionen und T2-hyperintense Läsionen wurden auf jährlicher Basis durchgeführt.
Die Studienmerkmale und -ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt.
AFFIRM-Studie: Hauptmerkmale und Ergebnisse |
Design |
Monotherapie; randomisierte doppelblinde Placebo-kontrollierte Parallelgruppenstudie über 120 Wochen |
Patienten |
RRMS (McDonald-Kriterien) |
Behandlung |
Placebo/Natalizumab 300 mg i.v. alle 4 Wochen |
1-Jahres-Endpunkt |
Schubrate |
2-Jahres-Endpunkt |
Progression auf der EDSS |
Sekundäre Endpunkte |
Schubratenabhängige Variablen/MRT-abhängige Variablen |
Patienten
|
Placebo
|
Natalizumab
|
Randomisiert |
315 |
627 |
1 Jahr abgeschlossen |
296 |
609 |
2 Jahre abgeschlossen |
285 |
589 |
Alter in Jahren, Median (Bereich) |
37 (19-50) |
36 (18-50) |
MS-Dauer in Jahren, Median (Bereich) |
6,0 (0-33) |
5,0 (0-34) |
Zeit seit Diagnose, Jahre, Median (Bereich) |
2,0 (0-23) |
2,0 (0-24) |
Schübe in den letzten 12 Monaten, Median (Bereich) |
1,0 (0-5) |
1,0 (0-12) |
EDSS-Ausgangsscore, Median (Bereich) |
2 (0-6,0) |
2 (0-6,0) |
Ergebnisse
|
Jährliche Schubrate
|
Nach einem Jahr (primärer Endpunkt) |
0,805 |
0,261 |
Nach zwei Jahren |
0,733 |
0,235 |
Ein Jahr |
Rate ratio 0,33 CI95% 0,26; 0,41 |
Zwei Jahre |
Rate ratio 0,32 CI95% 0,26; 0,40 |
Schubfrei
|
Nach einem Jahr |
53% |
76% |
Nach zwei Jahren |
41% |
67% |
Behinderung
|
Anteil mit Progression1 (bestätigt nach 12 Wochen; primärer Endpunkt) |
29% |
17% |
Hazard ratio 0,58, CI95% 0,43; 0,73, p <0,001 |
Anteil mit Progression (bestätigt nach 24 Wochen) |
23% |
11% |
Hazard ratio 0,46, CI95% 0,33; 0,64, p <0,001 |
MRT (0-2 Jahre)
|
Mediane prozentuale Veränderung des T2-hyperintensen Läsionsvolumens |
+8,8% |
-9,4% (p <0,001) |
Mittlere Anzahl neu auftretender oder sich neu vergrössernder T2-hyperintenser Läsionen |
11,0 |
1,9 (p <0,001) |
Mittlere Anzahl von T1-hypointensen Läsionen |
4,6 |
1,1 (p <0,001) |
Mittlere Anzahl Gd anreichernder Läsionen |
1,2 |
0,1 (p <0,001) |
1 Progression der Behinderung war definiert als eine Erhöhung von mindestens 1,0 Punkten auf der EDSS von einem Ausgangs-EDSS ≥1.0, die mindestens 12 oder 24 Wochen bestehen blieb, oder eine Erhöhung von mindestens 1,5 Punkten auf der EDSS von einem Ausgangs-EDSS = 0, die mindestens 12 oder 24 Wochen bestehen blieb.
In der Subgruppe der Patienten mit Indikation zur Behandlung wegen rasch fortschreitender schubförmig remittierender MS (Patienten mit 2 oder mehr Schüben und 1 oder mehr Gd+-Läsionen) betrug die jährliche Schubrate 0,282 in der mit Tysabri behandelten Gruppe (n= 148) und 1,455 in der Placebogruppe (n= 61) (p <0,001). Die Hazard-Ratio für die Behinderungsprogression betrug 0,36 (95% KI: 0,17; 0,76) p= 0,008. Diese Ergebnisse stammen aus einer post-hoc-Analyse und sollten mit Vorsicht interpretiert werden. Es sind keine Angaben zur Schwere der Schübe vor Aufnahme in die Studie verfügbar.
Pharmakokinetik
Nach wiederholter intravenöser Gabe einer 300 mg-Dosis Natalizumab betrug die mittlere maximale Serumkonzentration bei MS-Patienten 110 ± 52 μg/ml. Die mittleren durchschnittlichen Konzentrationen von Natalizumab im Steady-State während des Verabreichungszeitraums schwankten zwischen 23 μg/ml und 29 μg/ml. Die vorhergesagte Zeit bis zum Erreichen des Steady-State lag bei circa 36 Wochen.
Eine Analyse zur Populations-Pharmakokinetik wurde bei Stichproben von über 1’100 MS-Patienten durchgeführt, die Dosen von 3 bis 6 mg/kg Natalizumab erhielten. 581 dieser Patienten erhielten eine fixe 300 mg-Dosis als Monotherapie. Die mittlere ± SD Clearance im Steady-State betrug 13,1 ± 5,0 ml/h mit einer mittleren ± SD Halbwertszeit von 16 ± 4 Tagen. Die Analyse untersuchte die Wirkungen ausgewählter Kovariaten wie Körpergewicht, Alter, Geschlecht, Leber- und Nierenfunktion sowie das Vorliegen von anti-Natalizumab-Antikörpern auf die pharmakokinetischen Eigenschaften. Es wurde festgestellt, dass nur das Körpergewicht und das Vorliegen von anti-Natalizumab-Antikörpern die Disposition von Natalizumab beeinflussen. Es wurde festgestellt, dass das Körpergewicht die Clearance unterproportional beeinflusst, so dass eine 43%ige Veränderung des Körpergewichts nur zu einer 31%igen bis 34%igen Veränderung der Clearance führte. Die Veränderung der Clearance war klinisch nicht signifikant. Das Vorliegen von persistierenden anti-Natalizumab-Antikörpern erhöhte die Natalizumab-Clearance um das circa 3-fache, was mit den reduzierten Natalizumabkonzentrationen im Serum übereinstimmt, die bei persistierend Antikörper-positiven Patienten beobachtet werden (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»).
Die Auswirkungen eines Plasmaaustauschs auf die Clearance und die Pharmakodynamik von Natalizumab wurden in einer Studie mit 12 MS-Patienten untersucht. Die geschätzte Wirkstoffentfernung nach 3 Behandlungen mit Plasmaaustausch (über einen Zeitraum von 5-8 Tagen) lag bei etwa 70-80%. In früheren Studien, in denen die Messung nach Absetzen des Wirkstoffes ohne Plasmaaustausch über einen ähnlichen Beobachtungszeitraum hinweg erfolgte, ergab sich dagegen ein Wert von etwa 40%. Die Bedeutung eines Plasmaaustauschs für die Wiederherstellung der Lymphozytenmigration und letztendlich sein klinischer Nutzen sind nicht bekannt.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Die Pharmakokinetik von Natalizumab bei pädiatrischen MS-Patienten oder bei Patienten mit Nieren- oder Leberinsuffizienz wurde nicht untersucht.
Präklinische Daten
Basierend auf den konventionellen Studien zur Sicherheitspharmakologie, Toxizität bei wiederholter Gabe und Genotoxizität, lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.
Übereinstimmend mit der pharmakologischen Wirkung von Natalizumab trat in den meisten in vivo-Studien ein verändertes Lymphozyten-Trafficking in Form einer Zunahme der Zahl von weissen Blutzellen sowie eines erhöhten Milzgewichts in Erscheinung. Diese Veränderungen waren reversibel und schienen keine nachteiligen toxikologischen Konsequenzen zu haben.
In bei Mäusen durchgeführten Studien wurden das Wachstum und die Metastasierung von Melanomzellen und lymphoblastischen leukämischen Tumorzellen durch die Gabe von Natalizumab nicht erhöht.
Im Ames-Test bzw. humanen Chromosomenaberrationstests wurden keine klastogenen oder mutagenen Wirkungen von Natalizumab beobachtet. Natalizumab zeigte keine Wirkungen auf in vitro-Testverfahren zur α4-Integrin-positiven Tumorzelllinienproliferation oder -zytotoxizität.
In einer Studie mit Dosierungen, die höher als die Dosis beim Menschen waren, wurde eine Reduktion der Fertilität weiblicher Meerschweinchen beobachtet; Natalizumab beeinträchtigte die männliche Fertilität nicht. Es wird als unwahrscheinlich erachtet, dass Natalizumab bei Einhaltung der empfohlenen Höchstdosis die Fertilität von Menschen beeinträchtigt.
Die Wirkung von Natalizumab auf die Reproduktion wurde in 5 Studien beurteilt, 3 bei Meerschweinchen und 2 bei Cynomolgus-Affen. Diese Studien zeigten keinen Hinweis auf teratogene Wirkungen oder Wirkungen auf das Wachstum der Nachkommen. In einer Studie bei Meerschweinchen wurde ein geringer Rückgang bei der Zahl der lebenden Nachkommen festgestellt. In einer Studie bei Affen verdoppelte sich die Zahl der Aborte in den mit 30 mg/kg Natalizumab behandelten Gruppen im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollgruppen. Dies war die Folge einer hohen Inzidenz von Aborten in beiden behandelten Gruppen der ersten Kohorte, die in der zweiten Kohorte nicht beobachtet wurde. In keiner anderen Studie wurden Auswirkungen auf die Abortrate festgestellt. Eine Studie bei trächtigen Cynomolgus-Affen zeigte Natalizumab bedingte fetale Veränderungen, die eine leichte Anämie, eine reduzierte Thrombozytenzahl, ein erhöhtes Milzgewicht sowie ein reduziertes Leber- und Thymusgewicht beinhalteten. Diese Veränderungen waren assoziiert mit einer gesteigerten extramedullären Hämatopoese in der Milz, einer Thymusatrophie sowie einer verminderten Hämatopoese in der Leber. Bei Nachkommen von Muttertieren, die bis zur Geburt mit Natalizumab behandelt worden waren, wurde ebenfalls eine reduzierte Thrombozytenzahl festgestellt, jedoch fanden sich bei diesen Jungtieren keine Hinweise auf eine Anämie. Sämtliche Veränderungen wurden bei Dosen beobachtet, die über denjenigen lagen, die beim Menschen zum Einsatz kommen, und waren nach der Clearance von Natalizumab reversibel.
Bei Cynomolgus-Affen, die bis zur Geburt Natalizumab erhielten, wurde Natalizumab in geringer Konzentration in der Milch einiger Muttertiere nachgewiesen.
Sonstige Hinweise
Inkompatibilitäten
Tysabri darf nur mit NaCl 0,9% gemischt werden.
Haltbarkeit
Konzentrat
Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf dem Behälter mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Verdünnte Lösung
Chemische und physikalische in-use Stabilität wurde für 8 Stunden bei 2-8 °C gezeigt. Da Tysabri kein antimikrobielles Konservierungsmittel enthält, ist die gebrauchsfertige Zubereitung aus mikrobiologischen Gründen unmittelbar nach Verdünnung zu verwenden, es sei denn, diese hat unter kontrollierten und validierten aseptischen Bedingungen stattgefunden.
Besondere Lagerungshinweise
Konzentrat
Im Kühlschrank (2-8 °C) lagern.
Nicht einfrieren.
Die Durchstechflasche in der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
Lagerungsbedingungen nach Verdünnung des Arzneimittels siehe unter «Haltbarkeit».
Hinweise für die Handhabung
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Die Tysabri Durchstechflasche ist vor der Verdünnung und Anwendung optisch auf Partikel zu überprüfen. Wenn Partikel bei der Inspektion zu erkennen sind und/oder die Flüssigkeit in der Durchstechflasche nicht farblos und klar bis opaleszent ist, darf die Durchstechflasche nicht verwendet werden.
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Bei der Herstellung der Tysabri-Lösung zur intravenösen (i.v.) Infusion ist auf eine aseptische Arbeitsweise zu achten. Den Schnappdeckel von der Durchstechflasche abnehmen. Eine auf eine Spritze aufgesteckte Kanüle in der Mitte des Gummistopfens in die Durchstechflasche einstechen und 15 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung aufziehen.
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Die 15 ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusion zu 100 ml einer 0,9%igen Kochsalzlösung für Injektionszwecke (9 mg/ml Natriumchlorid) geben. Die Lösung vorsichtig schwenken, um eine komplette Durchmischung zu erreichen. Nicht schütteln.
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Tysabri darf nicht mit anderen Arzneimitteln oder Verdünnungsmitteln gemischt werden.
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Das verdünnte Produkt ist vor der Verabreichung optisch auf Partikel oder Verfärbungen zu kontrollieren. Wenn Verfärbungen oder fremde Partikel zu sehen sind, darf die Infusionslösung nicht verwendet werden.
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Die fertige Infusionslösung muss nach Zubereitung verbraucht werden. Falls die Verdünnung unter kontrollierten und validierten aseptischen Bedingungen vorbereitet wird, ist die Infusionslösung innerhalb 8 Stunden zu verwenden (siehe unter «Haltbarkeit»). Wenn das verdünnte Produkt bei 2-8 °C gelagert wird (nicht einfrieren), muss die Lösung vor der Infusion wieder Raumtemperatur angenommen haben, bevor sie infundiert werden darf.
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Die fertige Infusionslösung muss intravenös über 1 Stunde mit einer Infusionsgeschwindigkeit von circa 2 ml/Minute verabreicht werden.
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Nach Beendigung der Infusion ist die intravenöse Kanüle mit 0,9%iger Kochsalzlösung (9 mg/ml Natriumchlorid) zu spülen.
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Jede Durchstechflasche darf nur einmal verwendet werden.
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Nicht verwendetes Arzneimittel ist wegzuwerfen und mit dem Abfallmaterial entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu entsorgen.
Zulassungsnummer
57273 (Swissmedic).
Zulassungsinhaberin
Biogen Switzerland AG, 6300 Zug.
Stand der Information
April 2014.