Zusammensetzung
Wirkstoff: Etoposidum.
Hilfsstoffe: E 215, E 217, Excipiens pro capsula.
Galenische Form und Wirkstoffmenge pro Einheit
Kapseln zu 50 mg und 100 mg.
Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten
In Kombination mit anderen Zytostatika oder als Monotherapie bei akuter myeloischer Leukämie, Morbus Hodgkin, Nicht-Hodgkin-Lymphomen in fortgeschrittenen Stadien, kleinzelligem Lungenkarzinom, Keimzelltumoren; in Reserveschemata bei einer Reihe anderer Malignome wie Chorionkarzinom, nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom.
Dosierung/Anwendung
Vepesid soll nur unter der Kontrolle eines erfahrenen Onkologen/Hämatologen verwendet werden.
Die Dosis hängt von der Indikation, dem Verabreichungsweg, dem Therapieschema und der individuellen Pharmakokinetik ab. Eine vorgängige Bestrahlung oder Chemotherapie mit myelosuppressiver Wirkung sollte berücksichtigt werden. Bei einer Kombinationsbehandlung muss die Dosis im Allgemeinen reduziert werden. Details sind der Spezialliteratur zu entnehmen.
Orale Behandlung
In der Monotherapie beträgt die Dosierung im Allgemeinen 100-200 mg/m² an den Tagen 1-5 oder 200 mg/m² an den Tagen 1, 3, 5 eines Therapie-Zyklus von 3-4 Wochen. Alternativ können 50 mg/m² pro Tag während 21 Tagen verabreicht werden; der Behandlungszyklus kann nach einer 1-wöchigen Behandlungspause bzw. nach Normalisierung des Blutbilds wiederholt werden.
Bei der oralen Behandlung muss der dosisabhängigen Bioverfügbarkeit Rechnung getragen werden. Die Bioverfügbarkeit variiert inter- und intraindividuell stark. Dies muss bei der Dosiseinstellung berücksichtigt werden (siehe auch «Pharmakokinetik: Absorption»).
Tagesdosen von mehr als 200 mg sollten in zwei Gaben verabreicht werden. Die Einnahme der Kapseln sollte mit etwas Wasser unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Sie sind ganz zu schlucken und dürfen nicht zerbissen, gekaut oder gelutscht werden. Es ist darauf zu achten, dass die in den Kapseln enthaltene Flüssigkeit (z.B. bei einer Beschädigung einer Kapsel) nicht mit der Haut oder Schleimhaut in Kontakt kommt. Falls es zu einem Hautkontakt kommt, ist die Stelle mit Wasser und Seife zu waschen, bei Augenkontakt ist mit Wasser zu spülen. Beschädigte Kapseln dürfen nicht eingenommen werden, sondern sollten fachgerecht entsorgt werden.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion:
Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion liegen nur wenige Erfahrungen vor. Bei mässiggradiger Niereninsuffizienz ist die Dosis zu reduzieren, je nach Allgemeinzustand auf 50-75% der üblichen Dosis.
Bei Patienten mit einer Creatinin-Clearance von <15 ml/Min. gibt es keine Erfahrungen. Es können daher keine Dosierungsempfehlungen gemacht werden.
Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion:
Bei Patienten mit Hyperbilirubinämie ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Pädiatrie
Die therapeutische Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen ist nicht durch kontrollierte Studien belegt. Vepesid sollte bei Kindern und Jugendlichen nur im Rahmen von klinischen Studien verabreicht werden.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Etoposid, Etoposidphosphat, anderen Podophyllotoxinderivaten oder einem der Hilfsstoffe.
Schwangerschaft und Stillzeit (siehe «Schwangerschaft/Stillzeit»).
Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen
Die Knochenmarksuppression ist die häufigste unter Vepesid beobachtete Nebenwirkung. Diese ist dosislimitierend. Der Nadir wird im Allgemeinen zwischen Tag 7 und 16 erreicht. Das Blutbild normalisiert sich meist innerhalb von drei Wochen. Vor Therapiebeginn sowie vor und während jedem Behandlungszyklus ist ein grosses Blutbild zu erstellen. Im Falle einer Thrombozytopenie <50'000/mm³ oder einer Neutropenie <500/mm³ ist die Behandlung zu unterbrechen, bis sich die hämatologischen Werte normalisiert haben. Im nächsten Zyklus ist eine Dosisreduktion in Erwägung zu ziehen. Eine Beeinträchtigung des Knochenmarks durch vorangegangene Strahlen- oder Chemotherapie ist zu berücksichtigen.
Für Patienten mit niedrigem Serumalbumin besteht ein erhöhtes Risiko für eine Etoposid-bedingte Toxizität.
Unter der Behandlung mit Etoposid wurden nicht selten Sekundärmalignome beobachtet.
Die gleichzeitige Anwendung von Vepesid mit einem Lebendvirusvakzin kann die Replikation des Impfvirus beschleunigen und/oder die unerwünschten Wirkungen des Impfvirus verstärken, da die normalen Abwehrmechanismen durch Vepesid unterdrückt werden können. Die Impfung eines mit Vepesid behandelten Patienten mit einem Lebendvakzin kann zu schweren Infektionen führen. Die Antikörperreaktion des Patienten auf Vakzine kann verringert sein. Die Anwendung von Lebendvakzinen ist zu vermeiden und der Rat eines entsprechenden Spezialisten ist einzuholen (siehe «Interaktionen»).
Interaktionen
Die Kombination mit anderen Zytostatika erhöht die Myelotoxizität von Etoposid.
Eine vorangegangene Therapie mit Cisplatin kann zu einer reduzierten Clearance von Etoposid führen.
Arzneimittel mit starker Plasmaproteinbindung wie Phenylbutazon, Natriumsalicylat, Acetylsalicylsäure können Etoposid aus der Proteinbindung verdrängen.
Die gleichzeitige Gabe von oralem Etoposid und hoch dosiertem Ciclosporin (in Konzentrationen >2000 ng/ml) erhöht die AUC von Etoposid um 80% und vermindert die Gesamtclearance von Etoposid um 38%.
Eine gleichzeitige Therapie mit Phenytoin oder Carbamazepin ist mit einer verstärkten Clearance und reduzierter Wirksamkeit von Etoposid verbunden, und eine Therapie mit anderen Antiepileptika kann ebenfalls mit einer verstärkten Clearance und reduzierter Wirksamkeit von Etoposid verbunden sein.
Die gleichzeitige Verabreichung von Antiepileptika und Vepesid kann aufgrund von pharmakokinetischen Wechselwirkungen zu einer verringerten Anfallskontrolle führen.
Eine gleichzeitige Therapie mit Warfarin (in der Schweiz nicht zugelassen) kann zu einer erhöhten International Normalized Ratio (INR) führen. Eine genaue Überwachung der INR wird daher empfohlen.
In präklinischen Versuchen wurde über eine Kreuzresistenz zwischen Anthrazyklinen und Etoposid berichtet.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Lebendvakzinen besteht ein erhöhtes Risiko einer tödlichen systemischen Impferkrankung. Lebendvakzine werden bei immunsupprimierten Patienten nicht empfohlen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaft: Etoposid kann den Fötus schädigen. Die Verabreichung von Etoposid während der Schwangerschaft ist kontraindiziert.
Patienten beiderlei Geschlechts sollten während der gesamten Behandlung sowie den folgenden 6 Monaten ein zuverlässiges Kontrazeptivum anwenden.
Eine genetische Beratung wird empfohlen, wenn sich die Patienten nach dem Ende der Behandlung Kinder wünschen. Da Etoposid die männliche Fruchtbarkeit verringern kann, kann vor Behandlungsbeginn die Konservierung von Spermien für eine spätere Vaterschaft in Erwägung gezogen werden.
Stillzeit: Vor der Behandlung mit Etoposid soll abgestillt werden.
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen
Aufgrund möglicher unerwünschter Wirkungen wie Nausea und Blutdruckabfall kann Vepesid die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen, beeinträchtigen.
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigste und schwerwiegendste Nebenwirkung von Vepesid ist die dosislimitierende Knochenmarkstoxizität.
Neoplasmen
Selten: akute Leukämie und andere Sekundärmalignome.
Blut- und Lymphsystem
Sehr häufig: Leukozytopenie (60-91%), Thrombozytopenie (28-41%).
Herzerkrankungen
Häufig: Myokardinfarkt und Arrhythmien.
Immunsystem
Sehr selten: Überempfindlichkeitsreaktionen bei oraler Verabreichung.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufigkeit nicht bekannt: Tumorlyse-Syndrom (gelegentlich tödlich).
Nervensystem
Gelegentlich: periphere Neuropathie.
Selten: Somnolenz, Müdigkeit, Krampfanfälle.
Augen
Selten: Vorübergehende kortikale Blindheit, Optikusneuritis.
Herz und Gefässe
Häufig: Blutdruckabfall.
Selten: Hypertonie.
Atmungsorgane
Selten: interstitielle Pneumonie/pulmonale Fibrose.
Gastrointestinale Störungen
Sehr häufig: Nausea und Erbrechen (31-41%), Anorexie (10-13%), Diarrhöe (1-13%).
Häufig: Stomatitis, Mukositis.
Selten: abdominelle Schmerzen, Verstopfung, Dysphagie, Geschmacksstörungen.
Leber
Selten: Erhöhung der Leberenzym-Werte, Lebertoxizität.
Haut
Sehr häufig: reversibler Haarausfall (66%).
Selten: Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse (ein Fall mit tödlichem Ausgang), Hautpigmentierung, Pruritus, Hautausschlag, Urtikaria. Nach Strahlentherapie und nachfolgender Behandlung mit Vepesid trat bei einem Patienten im Bestrahlungsfeld eine entzündliche, juckende Hautrötung auf.
Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle
Selten: Fieber, Asthenie, Malaise.
Überdosierung
Eine Überdosierung äussert sich durch die Verstärkung der weiter oben beschriebenen toxischen Wirkungen. Eine metabolische Azidose sowie Fälle von schwerer Lebertoxizität wurden bei Patienten, die eine höhere als die empfohlene Dosierung erhielten, beobachtet.
Ein spezifisches Antidot ist nicht bekannt. In einzelnen Fällen konnten mit einer Dialyse gute Ergebnisse verzeichnet werden.
Eigenschaften/Wirkungen
ATC-Code: L01CB01
Etoposid (VP‑16) ist ein halbsynthetisches Podophyllotoxinderivat. Es hemmt die Topoisomerase II und blockiert den Zellzyklus im Stadium G2.
Etoposid ist experimentell gegen mehrere Tiertumoren und klinisch gegen eine Reihe von Tumoren beim Menschen wirksam. Die Wirksamkeit scheint von der Verabreichungshäufigkeit resp. der Expositionsdauer abhängig zu sein. Die besten Ergebnisse werden bei wiederholter Verabreichung während 3‑5 aufeinander folgenden Tagen erreicht.
Pharmakokinetik
Absorption
Nach oraler Gabe variiert die Bioverfügbarkeit zwischen ungefähr 25 und 75% und beträgt bei einer 100 mg Dosis 76±22%, bei einer 400 mg Dosis 48±18%. Die maximalen Plasmakonzentrationen werden nach 1-2 Stunden erreicht. Die orale Absorption wird durch Nahrung nicht wesentlich beeinflusst.
Distribution
Das scheinbare Verteilungsvolumen beträgt durchschnittlich 18 bis 29 Liter (7-17 l/m2). Die Plasmaproteinbindung (an Humanalbumin) liegt bei 97%. Die ZNS-Gängigkeit von Etoposid ist gering. Die Etoposid-Konzentrationen sind in normalem Lungengewebe höher als in Lungenmetastasen, sind aber ähnlich in primären Myometrium-Tumoren und in gesundem Myometrium-Gewebe. Es ist nicht bekannt, ob Etoposid in die Muttermilch übertritt.
Metabolismus
Etoposid wird in der Leber teilweise metabolisiert. Der Hauptmetabolit ist die Hydroxysäure, welche durch Öffnung des Lactonrings gebildet wird. Etoposid wird auch mit Glukuronsäure oder Sulfat konjugiert; dieser Anteil beträgt etwa 5 bis 22% der Dosis.
Elimination
Die Elimination erfolgt biphasisch, die terminale Halbwertszeit beträgt 3‑12 Stunden. 56% der Dosis werden mit dem Urin ausgeschieden, wobei 45% der Dosis als unverändertes Etoposid, und 44% der Dosis mit den Faeces.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Leberinsuffizienz:
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen ist die totale Clearance nicht reduziert.
Niereninsuffizienz:
Bei Patienten mit mässiggradig eingeschränkter Nierenfunktion wurde eine erhöhte AUC beobachtet.
Pädiatrie:
Die Elimination von Etoposid ist bei Kindern beschleunigt.
Bei Kindern mit Niereninsuffizienz wurden Erhöhungen der SGPT-Werte mit reduzierter totaler Clearance beobachtet.
Präklinische Daten
Etoposid wirkt im Tierversuch embryotoxisch und teratogen. Bei männlichen Ratten und Mäusen zeigten sich nach der Gabe von Etoposid Testisatrophie und Spermiogenesestörungen.
Etoposid wirkt im Tierversuch immunsuppressiv.
Zu Etoposid liegen aus in vitro- und in vivo-Tests positive Ergebnisse zur Induktion von Gen- und Chromosomenmutationen vor. Die Ergebnisse begründen den Verdacht einer mutagenen Wirkung beim Menschen.
Tierversuche zur Kanzerogenität wurden nicht durchgeführt. Aus klinischen Studien ist bekannt, dass Etoposid ein kanzerogenes Potential besitzt.
Sonstige Hinweise
Haltbarkeit
Vepesid Kapseln dürfen nur bis zu dem auf der Packung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
Vepesid Kapseln sollen bei Raumtemperatur (15–25 °C) und vor Licht geschützt aufbewahrt werden.
Handhabung von Zytostatika
Bei der Handhabung von Vepesid und der Entsorgung sind die Richtlinien für Zytostatika zu befolgen.
Zulassungsnummer
42888 (Swissmedic).
Zulassungsinhaberin
Bristol-Myers Squibb SA, Steinhausen.
Stand der Information
Mai 2015.